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oder verpass das Schönste.
Buch, Bücher, am büchsten - hier gibt's viele bunt durchgewürfelte Buchrezessionen und Empfehlungen, weil es eben mehr als nur ein Zeitvertreib ist.

Sonntag, 8. Januar 2012

Meine Kontroverse der Woche: Gedruckter Müll!


Wenn ich abfällig über Schundliteratur rede, meine ich damit nicht zwangsläufig seichte Trivialliteratur wie austauschbare Schnulzen oder nichtige Reiseliteratur, sondern noch viel sinnlosere Bücher, welche einen unverdient großen medialen Effekt durch blanke Provokationen und Schockierung der Massen erreichen.

Paradebeispiel hierfür dürfte das gnadenlos gehypte „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche sein. Was anfangs für ordentlichen Wirbel sorgte, ist aber im Angesicht der Literaturgeschichte nicht wirklich eine Erwähnung wert. Schon im 18ten Jahrhundert schockierte ein Franzose namens Francois de Sade, auf diese und in maßlos übertriebener und menschenverachtender Form mit seinem skandalösen Werk „Die 120 Tage von Sodom“.

Nicht das ich die beiden Bücher direkt miteinander vergleichen würde, dafür dürfte letzteres viel zu brutal, anstößig, verstörend und krank sein – es bildet sich aber dennoch eine interessante Parallele hinsichtlich der Wahrnehmung und der Aufmerksamkeit.

 
Generell liegt es seit eher im Trend, Erfolg neben dem gnadenlosen Niederreißen von Tabus, mit der Denunzierung und Bloßstellung anderer zu erzielen. Um nichts anderes geht es dabei in dem Prachtstück von Dieter Bohlen, welcher mit „Meine Hammer Sprüche“ den astreinen Sprung von der niveaulosen Unterhaltung zur niveaulosen Literatur schafft.
Gerechtfertigt wird das ganze mit dem arrogantesten Vorwort welches ich je gelesen habe und schon geht es los. Jeder wird von vorne bis hinten beleidigt und auf abwertende Art und Weise mit Tieren, Gegenständen oder Fäkalien verglichen was das Zeug hält. Da Sexismus ja – wie man oben es schon gesehen hat, recht erfolgreich ist, wird hie und da auch noch aus dieser Ecke gegriffen. Das kompensiert wenigstens die unoriginellen, faden Einfälle. Wenn sonst nichts weiter hilft, taucht irgendwo ein uralter Spruch auf, den bestimmte Bohlens Uroma schon kannte und fertig ist das Buch.


 
Gut das mag jetzt nicht der Rede wert gewesen sein, so prickelnd wird sich das bestimmt nicht verkauft haben, aber umso überraschender ist es, das es eine gewisse Daniela Katzenberger mit dem idiotischen Buchtitel „Sei schlau, stell dich dumm“ immerhin geschafft hat, auf der Focus Liste der meistverkauften Taschenbücher bis nach ganz vorne zu kommen.
Mit dem dumm stellen scheint sie sich aber auch nicht sonderlich schwer getan zu haben und so erzählt sie von ihrem harten, tollen oder was auch immer Leben. Ich hab maximal 10 Seiten gelesen, aber allein da wurde schon über 3 Exfreunde berichtet, welche eigentlich ja ganz die netten waren, aber irgendwie nicht gepasst haben oder *hihi* einen zu kleinen Penis hatten. Aber vielleicht interessiert es ja mehr, was sie alles bei irgendeinem Schönheitswettbewerb erlebt hat? Oberflächliches ablästern über die Oberflächlichkeit anderer Teilnehmer? Paradox nicht war – auch was genau so peinlich an ihrer Mutter ist, ist nichts angesichts der Tatsache, dass dieses Buch existiert, gekauft wird und warum zur Hölle auch immer – unter den Sachbüchern geführt wird?!

Vielleicht weil es eine Art Biographie ist? Das ist der nächste Trend, der nach wie vor kein Ende findet. Jede 2te Hanswurst welche auch nur irgendwie bekannt ist oder sich bekannt wähnt, muss – im Idealfall schon im weisen und erfahrungsreichen Alter von Mitte 20 eine eigene Biographie schreiben, beziehungsweise sich schreiben lassen.
Aber auch über politische Shootingstars gibt es sofort irgendein brandaktuelles Buch, was auch warum auch immer gekauft wird.


 
Das lässt mich prima zum letzten Kandidaten meiner heutigen Auslese kommen. „Verheimlicht, vertuscht, vergessen – Was so garantiert nicht in der Tageszeitung stand“ von Gerhard Wisnewski. Jahreszahl kann nach belieben eingesetzt werden. Dieses Buch gibt es jedes Jahr.
Die Idee find ich löblich und ich gebe es zu, beinahe wäre ich auch schwach geworden. Wahre Hintergründe erfahren und sich nicht Meinungen vorkauen lassen. Dass die Berichterstattung der Medien alles andere als ausführlich, objektiv und immer korrekt ist, da pflichte ich ihm vollkommen zu.
Aber warum muss das ganze bitte optisch wie ein Bildzeitungsartikel aufgemacht werden? Es liest sich zwar nicht wie die Aneinanderreihung von Schlagwörtern, aber es ist sehr allwissend und zusammenfassend formuliert. Alles ergibt so einen Sinn, aber das weiß der Autor woher? Es gibt nicht wirklich Quellenangaben und die Verlagsinformation, was der werte Mann noch so alles veröffentlich hat, liest sich wie das Verschwörungsbest-offs des ganzen Kopp Verlags.

Wieder kommen wir an dem Punkt Aufmerksamkeit überein, denn das Problem ist doch. So arbeitet kein seriöser Journalist, denn selbst wenn er noch so Recht hat, zusammen gedichtete Mutmaßungen und eine unrealistisch umfassende Veröffentlichungsbreite lässt das ganze nicht glaubwürdig wirken. Würde man sich aber um Authentizität bemühen, so würde das ganze wieder abschrecken und als langweilig oder trocken abgestempelt werden.

 Dennis Scheck wirft bei Druckfrisch solche Bücher immer auf die Mistrampe, eine solche will ich hier aber nicht wirklich aufleben lassen. Ich kauf meine Bücher schon mit System – trotzdem fällt es mir immer wieder auf, dass es nichts gibt, was es nicht gibt.
Das sehe ich jeden Tag und ich finde es immer wieder schade, dass solche Erzeugnisse echten Talenten die ihnen zustehende Aufmerksamkeit raubt.



Und hier kommen wir zu meinem ganz persönlichen Fazit. Solche Bücher gab es schon immer, gibt es immer, wird es auch weiterhin immer geben und sie werden auch überdurchschnittlich oft gekauft.

Argumente wie „ich will halt auch mal abschalten“ – „muss ich immer gleich Goethe lesen“ sind zulässig, aber nicht besonders stark. Wie beim Fernseher ist der Endkunde und Abnehmer, also jeder potentielle Buchkäufer daran mitverantwortlich was den Markt bestimmt und wie er dann auch aussieht.

Ich hoffe auf jeden Fall, auch abseits der einschlägig bekannten Titel einen guten Querschnitt durch die Erscheinungen bieten zu können. So will ich das ganze versöhnlich enden lassen und an euch appellieren, zu überlegen was man kauft und vor allem warum.
 

2 Kommentare:

  1. Löblicher Schreibstil!
    Bei deinen Kritiken pflichte ich dir meine Zustimmung bei, es scheint als würde heutzutage jegliche (nicht lesenswürdige, wobei die Empfindung jedoch rein subjektiv ist) Lapalie des Alltags/nicht importante Themen von Pseudoautoren veröffentlicht und unter ebenso pseudomäßigen Empfehlungen dem leicht zu manipulierendem Konsumenten vorgeworfen. Einen Blick auf Bestseller-Listen wage ich kaum mehr aus Angst erneut den Kopf über den einfach gestrickten Menschen - in Aussicht auf die Auswahl der Lektüre - schütteln zu müssen.

    Lyciènne.

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  2. Erstmal vielen Dank für dein Lob =)
    Und ja, solang die gängigen RTL Formate und die BILD Zeitung ihre Siegeszüge quer durch alle Bevölkerungsschichten führen, solange wird auch leider das Buch nicht davor sicher sein, was ich persönlich sehr schade finde. Ich weiß nicht, aber ein Buch hat für mich irgendwie einen Anspruchcharakter, Bücher sind mir wichtig und sie haben einen einzigartigen Stellenwert in meinem Leben, da find ich - hat so ein Schund keinen Platz dafür.
    Ein Buch lesen ist noch eine der wenigen Beschäftigungen, bei denen man wirklich zur Ruhe kommt, wo man Zeit und Kopf zielgerichtet auf etwas konzentrieren muss ohne multi-tasking mäßig hundert anderen Beschäftigungen gleichzeitig nachgehen kann. Und wenn ich mich dann schon so dermaßen zu mir selber zurück ziehe, was ab und zu ja auch ganz gut tut. Warum sollte man sich dann inhaltlich mit dem Müll berieseln lassen, welcher eh schon irgendwie die ganze Zeit um einen herum schwirrt. ;)

    Ich geh auch jede Wette ein, dass ein werter Herr Sarrazin mit seinen kontroversen Schriften demnächst ebenfalls die Bestseller-Listen erobern wird. Und sollte ich mir vornehmen, 2x im Jahr Beispiele in dieser Art und Weise dafür ranzuziehen, werde ich garantiert nicht insofern in Nöten kommen, dass es keine Beispiele gibt. Ich werde viel zu viel finden können.

    Man könnte das ganze auch noch auf einen gewissen Hype ausweiten (Historische Romane, Fantasy, Vampire) - aber das würde hier dann doch etwas arg den Rahmen sprengen.


    Auf jeden Fall wollte ich mich nochmals bedanken für deinen Kommentar, hat mich gefreut. ;)


    Amixor33

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