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Sonntag, 16. Juni 2013

Sebastian Fitzek – Die Therapie



Ein Unbekannter dürfte der Autor inzwischen längst nicht mehr sein, für mich war er es aber bislang und der Ersteindruck ist gewaltig. Was für ein Kracher!

Der Thriller arbeitet viel mit verschiedenen Ebenen. Es fängt mit dem Prolog an, jenem denkwürdigen Tag als Viktor Lorenzs zwölfjährige Tochter Josy spurlos bei einem Arztbesuch verschwindet und nie wieder auftaucht. Dabei saß Viktor gerade noch im Wartezimmer, ließ seine Tochter zum ersten Mal allein ins Behandlungszimmer gehen und plötzlich soll sie nie da gewesen sein. Kein Termin und keine Zeugen können seine Version bestätigen, für den Psychiater bricht eine Welt zusammen.

In der Gegenwart ist Viktor selbst in Behandlung, gefangen und kurz vor einem Prozess – versucht aber sein Gegenüber von seiner Unschuld zu überzeugen und möchte frei gelassen werden, in dem er seine Version der Geschichte erzählt.

Diese setzt ein paar Jahre früher, fünf Tage vor „der Wahrheit“ ein. Viktors Leben ist mittlerweile vollkommen aus den Fugen geraten. Seine Frau hat ihn verlassen, seinem alten Beruf geht er schon länger nicht mehr nach. Als er von einer Zeitung um ein Interview gebeten wird, gibt er nach und versucht diesen schmerzenden Prozess zu beenden. Dafür mietet er sich eine abgeschottete Insel und versucht in Ruhe mit der Situation klar zu kommen und sich nach langer Zeit der Öffentlichkeit zu stellen.

Diese Ruhe währt allerdings nicht sehr lange, als eine mysteriöse Unbekannte vor seiner Tür steht. Sie möchte von ihm behandelt werden, da ihre eigenen Erfindungen sie verfolgen. Viktor lehnt ab, doch als die Schriftstellerin von einem verschwundenem Mädchen berichtet welches haargenau auf Josy zutreffen könnte, wittert er eine Chance. Er willigt ein sie zu therapieren.

Was folgt ist sehr undurchsichtig. Viktor bekommt wieder Alpträume, er wird vor eben jener Frau gewarnt und ihre Schilderungen deuten viel an, sprechen aber nichts konkret aus. Die Grenze zwischen Realität und Fiktion wird fließend, was wenn sie die Wahrheit spricht, wenn sie etwas weiß?

Der Erzählstil ist extrem spannend und perfektioniert auch eine von mir gerne verwendete Methode. Alles steuert dramatisch auf eine Entdeckung, eine Wende, einer Überraschung, einer Katastrophe zu und zack kommt der gnadenlose Cliffhänger und das nächste Kapitel beginnt, mitunter in einer anderen Szene oder Einstellung. Fitzek geht darüber sogar noch hinaus, in dem er gezielt Andeutungen und vermeintliche Hinweise streut wie – „hätte er bloß einmal nachgedacht“ – lässt den Leser damit sehr im Unklaren und ködert ihn. Manchmal ist es die richtige Spur, oft aber auch eine Finte.

Das Ende dürfte nicht unumstritten sein, abhängig davon wie realistisch man dies hält, wobei die wenigsten fähig für eine fachliche Analyse wären. Es war für mich zwar ab einem gewissen Punkt erahnbar, ich wurde aber geschickt mehrmals von diesem Verdacht abgebracht und die Endsequenz ist definitiv eine unvorhersehbare Überraschung.

Es ist die Frage inwieweit man dies akzeptiert. Wenn man sich darauf einlässt hat man hier ein ultraspannendes Buch mit vielen geschickten, überraschenden Wendungen in einem flotten Erzählstil, andererseits könnte man rückwirkend das ein oder andere anzweifeln, die Pointe als etwas konstruiert empfinden.

Da ich mich glücklicherweise zu Erstgenannten zähle, hatte ich ein erstklassiges Lesevergnügen mit einem Buch, welches ich so schnell nicht aus der Hand legen konnte. Ich kann es definitiv empfehlen, sehr guter und extrem spannender Thriller!

1 Kommentar:

  1. Für mich war "Die Therapie" auch das erste Fitzek-Buch! Er hat schon nen Hang, seine Enden immer ein bisschen zu konstruieren, wobei mir das bei anderen Werken mehr aufgefallen ist, z.B. "Splitter" oder "Der Seelenbrecher". Da wurde es mir am Ende einfach etwas zu bunt.

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