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oder verpass das Schönste.
Buch, Bücher, am büchsten - hier gibt's viele bunt durchgewürfelte Buchrezessionen und Empfehlungen, weil es eben mehr als nur ein Zeitvertreib ist.

Donnerstag, 9. Oktober 2014

Aufreger der Woche: Pseudo-Feuilleton im Rahmen der Buchmesse

Hach jetzt ist wieder die Zeit, wo Bücher mal wieder total in sind, immerhin ist jetzt ja Buchmesse. Da muss natürlich auch irgendein richtig innovativer Artikel drüber geschrieben werden, am besten mit einem Thema und einem Titel, der Klicks garantiert. Wie wäre es mit "Bücher, die man einfach nicht zu Ende lesen kann" - das klingt groß, erfahren und stark. Irgendwie auch leicht verrucht und gefährlich.

Naiv wie ich war, lies ich mich natürlich dazu verleiten, entsprechenden Artikel aufzurufen, anstatt direkt meine Mails zu checken. Gespannt klickte ich den Artikel an und stellte mir in Bruchteilen von Sekunden vor, was dort drin alles auftauchen könnte. Seit dem es DSL gibt hat man ja nicht mehr so viel Zeit zu überlegen wie damals noch beim schnöden Modem. Ich war zugegebnermaßen recht unkreativ und wühlte in meinem Gedächtnis nach den alten Schreckgespenstern der Schule. So brutal spannende Bücher wie Effie Briest von Fontane, Kohlhaas von Kleist oder auch der Tod in Vendig von Mann, welchen ich als recht ereignislos empfand. Ich empfand den Gedanken schon sehr banal und oberflächlich, aber der Artikel toppte noch mal alles, aber sowas von!

http://web.de/magazine/wissen/nobelpreis-literatur2014/buecher-30130422

Der Hundertjährige, gehypt, langatmig und unlustig? Okay darüber lässt sich streiten, gehypt auf jeden Fall aber als langatmig empfand ich ihn zu keiner Stelle, wer weiter liest wird auch feststellen was für Comicleser der Verfasser des Artikels auch zu sein scheint. Auch dieses hingeschmierte viele haben es gekauft und gelesen weil die Story gefiel, Achtung unglaubliche Zusammenfassung:

Zu seinem hundertsten Geburtstag nimmt Allan Karlsson einfach Reißaus und startet so in sein Abenteuer
Wow ich bin begeistert, so eine treffende Zusammenfassung habe ich ja selten gelesen, so unglaublich detailreich und tiefgehend. Natürlich ist das keine hohe Lesekunst sondern durchaus soetwas wie ein Schelmenroman, aber in einem durchaus tieferen Kontext. Das steht im Endeffekt auch auf dem Klapptext, weit kann da in der Tat nicht gelesen worden sein.
Wer mehr Inhalt will, liest das hier: Jonas Jonasson – Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Da ich das Buch damals gerne in gewisser Weise mit Forest Gump vergleiche meine Zusammenfassung vom Film. - "Ein Mann der gerne rennt..."

Die Krönung der abschließende Satz:

Wer nicht genug Ausdauer für das Buch aufbringen kann oder will, dem sei die Verfilmung empfohlen
Ich hab den Film nicht gesehen, weil ich ihn nicht sehen wollte und wie ich im Gespräch mit etlichen, ganz unterschiedlichen Menschen erfahren habe, lag ich damit auch vollkommen richtig. Der wäre gar nicht so gut und nicht ansatzweise so unterhaltsam und lustig wie das Buch. Aber das wird empfohlen.

Shades of Grey -  hach das ist zu einfach, viel zu einfach. Das wäre, wie wenn ich sage, die BILD Zeitung ist jetzt nicht sooo wissenschaftlich fundiert, würde ich für eine Doktorarbeit nicht zitieren. Diese Kritik dürfte man auch wenn man sich nicht dafür interessiert hat schon mal gehört haben. Das ist viel zu populistisch.

Die Bücherdiebin, ein Buch welches ich tatsächlich auf MEINE Liste setzen würde, allerdings niemals so darstellen würde, als könnte man das wirklich nicht lesen und daher nicht mit solch Allgemeingültigkeit abtun würde. Mir hat der Schreibstil nicht gefallen, einen Punkt den man durchaus hier berechtigt anbringen kann, weil der tatsächlich recht unkonventionell für moderne Romane ist und in meinen Augen mich etwas bevormundet.

Was schreibt web.de dazu? Es geht um ein Mädchen das Bücher klaut, also ein Buch um Bücher. Wow - wie treffend kann man eigentlich daneben rezessenieren und der beigefügte Satz, man findet es nur gut weil es um den zweiten Weltkrieg geht ist eine selten dämliche Auslegung und Ausrede warum 600 Seiten sowieso zu viel sind. Braucht man also gar nicht mal anfangen, dicke Bücher = doof... ?!

Er ist wieder da kenne ich nur Ausschnitte des Hörbuchs, dass Christoph Maria Herbst anstrengend da ist, da würde ich sogar zustimmen - aber gruselig ist es mitnichten, weil es ist Christoph Maria Herbsts Stimme und nicht Hitlers Stimme. Ansonsten halten sie es für eine unlustige Zumutung. Schade, hatte mich schon diebisch auf ein anschließendes nicht schon wieder 2ter Weltkrieg als Überleitung gefreut.

Schiffbruch mit Tiger kenne ich nicht, mir auch egal, aber hier auch schon wieder der quengelnde Verweis, es gibt ja auch einen Film mit ganz vielen Oscars, lesen doof, Film cool... - spätestens hier konnte ich das gar nicht mehr ernst nehmen.

Bei Das Kapital sind wir scheinbar eh alle zu doof, weiter als 15 Seiten muss man da eh nicht lesen und die Schrift ist so klein, *mimimimimi* - ich denk daran sollte es wirklich nicht scheitern, das ist oft genug neu aufgelegt worden, aber grandiose Literaturkritik, par excellence!

Stolz und Vorurteil habe ich nicht gelesen, kann ich nichts dazu sagen aber auch hier sind die Argumente unglaublich. Das nix passiert, okay - lasse ich zählen, falls dem so ist, scheinbar wird hier ja schon nach 15 Seiten abgebrochen, aber das in einem älteren Buch über eine ältere Zeit die Sprache veraltert wirkt und die Konventionen so komisch sind? Skandal? Wie kann das sein? Ich hoffe mal wenigstens in der Verfilmung der Bücherdiebin kommen auch Handys und Konsolen vor, sonst ja auch total veraltet und sowas in einem Film der in der heutigen Zeit gedreht wird. Sauerei... !!! Der Verweis auf "Stolz und Vorurteil und Zombies" ist das erste gute in dem Artikel, das Buch hätte ich mir beinahe schon mal gekauft und soo viele kennen das glaube ich auch wieder nicht. Aber alles davor, Mumpitz!

Ulysses - gut, kenne ich jetzt auch nicht und 1000 Seiten sind durchaus ein Argument, aber 50 Seiten davon ist auch nur ein Promill des Ganzen. Wo bleibt da die Ausdauer? Wir haben den Abruch nie bereut, ihr habt nie wirklich angefangen. Wir, wer ist schon wieder wir?

Dann noch der plötzliche Umschwenk, aber hey es gibt auch tolle Bücher, z.B. auf der total überlaufenen Buchmesse, vielleicht haben sie ja mal wieder Bock zu lesen. Ja cool, aber bitte empfehlt mir nix - wenn ich mir das so anschaue kann das ja höchstens ein Heftchen werden.

Wäre mein Name Denis Scheck, würde ich mir den Artikel jetzt 8x ausdrucken und 8x den Mülleimer auf die Zettel werfen. Enttäuschender und Klickheischender Pseudo-Feuilleton, pfui!

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