„Am Ende war die Tat“ von Elizabeth George ist ein
anspruchsvolles und wirklich gutes Buch sofern man das nicht tut, was man
normalerweise gewohnt ist zu tun, wenn man sich ein Buch kauft, nämlich den
Klapptext oder die Rückseite des Buches zu lesen.
Es ist ja nichts neues, dass die Inhaltsangaben meist vom
Verlag oder sonst wem, nicht aber vom Autor selbst geschrieben werden und diese
leider oft meilenweit am Ziel vorbei schießen; daher kann dieser Text hier auch
auf keinem Fall im Sinne der Autorin sein.
Bevor ich auch nur Ansatzweise auf den Inhalt eingehe rate
ich jedem auch nur potentiell interessiertem Leser jenes Romans es tunlichst zu
vermeiden auch nur einen Blick darauf zu werfen.
Denn das was dort steht, nimmt das komplette Ende des Romans
vorweg und lässt genau die Fragen offen stehen, welche das Buch selber offen
lässt. Zudem suggeriert es, dass es sich hier um einen Thriller oder einen
Krimi handelt, was aber bei weilen nicht der Fall ist.
„Am Ende war die Tat“ ist vielmehr eine fein ausgearbeitete
Milieustudie, vielleicht in gewisser Weise noch ein Drama – aber definitiv kein
Krimi!
Inhaltlich geht es darum, dass Joel, seine ältere Schwester
Ness und sein kleinere Bruder Toby welche bei ihrer Großmutter leben, da ihre
psychisch labile Mutter in der Anstalt sitzt, eines Tages plötzlich zu ihrer ahnungslosen
Tante Kendra abgeschoben werden, da die Großmutter sich nach Jamaika absetzt.
Und damit gehen die Probleme erst richtig los. Die maßlos
überforderte Tante und ihre Nichte und Neffen werden mit Problemen
konfrontiert, welche sie gnadenlos in den Abgrund zieht. Schauplatz ist ein
heruntergekommener Slum mit all seinen Drogendealern, Straßengangs und
sonstigen kriminellen Machenschaften.
Die ganze Szenerie wirkt trist und hilflos, vor allem in den
Szenen in denen Kendra und Joel auf unterschiedliche Art und Weise versuchen
die Situation zu meistern und retten, sich aber eher noch mehr im Schlammassel
verheddern. Das ganze hat zwischendrin durchaus spannende Szenen, der gesamte
Spannungsbogen entfaltet sich aber langsam wenngleich unaufhaltsam bis zu einem
tragischen, wenngleich ab einem gewissen Punkt unweigerlichen Ende.
Und genau dieses Ende, welches über die ganzen 672 Seiten
gekonnt aufgebaut wird, verrät dieser mehr als unglücklich geratene Klapptext
schon in wenigen Zeilen!
Beeindruckend ist auch die Authentizität mit der das ganze
aufgebaut wird. Durch viele Perspektivenwechsel der betroffenen Personen und
auch Täter gerät das ganze sehr vielschichtig und die Autorin schafft es
hervorragend gewohnte Klischees nicht stupide klischeehaft sondern glaubwürdig
und nachvollziehbar wiederzugeben.
Zwar wird ein bisschen übertrieben, wenn der Englische Slang
eingedeutscht und pingelig von der Tante angemahnt wird, da dies nicht nur die
betroffene Person sondern auch den Leser mitunter ziemlich nerven kann,
trotzdem bleibt das Ganze absolut in sich stimmig.
Es ist zwar nicht weiter von Belang weil das Buch allein
abgeschlossen ist, doch ist dieser Roman der Nachfolgeroman von „Wo kein Zeuge
ist“ welcher allerdings chronologisch danach spielt. Kombiniert macht dies
durchaus Sinn, da so eben eine komplett andere Sichtweise, der sich am Ende
abspielenden Ereignisse ergeben – doch auch ohne den andern Roman gelesen zu
haben empfehle ich, diesen zu erst zu lesen, auch wenn dies dem anderen
ebenfalls einiges an Überraschung nehmen mag.
Doch hat das schon bekannte Ende der Spannung doch einiges
an Abbruch getan und das ganze phasenweise langatmig gemacht, da man sich stets
wundert wie dieser Ausgang überhaupt möglich ist, da dies ziemlich lang für
undenkbar erscheint und wann er denn bitte endlich geschieht, weil der
Klapptext eben auf einen Krimi mit Auflösung hoffen lässt.
Als Milieustudie aber ein wirklich starker und
empfehlenswerter Roman wenn man meinen Ratschlag auch befolgt.
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