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oder verpass das Schönste.
Buch, Bücher, am büchsten - hier gibt's viele bunt durchgewürfelte Buchrezessionen und Empfehlungen, weil es eben mehr als nur ein Zeitvertreib ist.

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Samstag, 4. August 2012

Cody McFadyen – Das Böse in uns


Auch wenn es sich langsam wiederholt, auch hier haben wir wieder einen abgeschlossenen Thriller aus einer Serie rund um das Ermittlerteam Smoky Barrett. „Das Böse in uns“ mag daher auf zurückliegenden Fällen zurückweisen, anders kann ich mir diese kumulierte Anzahl an Vergewaltigungen gleich nicht erklären.

Denn Cody McFadyen lässt ziemlich schnell durchschimmern, dass die smarte FBI Ermittlerin eine sehr schwere Vergangenheit hatte und mehrfach brutal von einem gejagten Killer vergewaltigt wurde und schwere Schnittverletzungen im Gesicht abbekam. Dabei wurden auch ihr Mann und ihr Kind getötet. Auch eine Freundin wurde in einem anderen Fall getötet und schwer vergewaltigt und kurz danach war davon schon wieder die Rede.

Und das ist mir ehrlich gesagt zu viel. Mag sein, dass dies über mehrer Bücher aufteilt nicht so wirkt, aber dies so geballt am Anfang zu erfahren wirkt in dieser Häufigkeit unauthentisch und zweckmäßig, nicht realistisch oder sonst wie glaubwürdig. Ich hab nichts dagegen, wenn der Held ein tragischer Held mit schwerer Vergangenheit und Problemen ist, aber seinen Protagonisten mehrfach dermaßen ein hartes Schicksal reinzuwürgen finde ich übertrieben und konstruiert.

Um uns nicht in Geschmäckerfragen zu verlieren zum Inhalt:
Die transsexuelle Lisa, als Dexter geboren wurde unbemerkt an Bord eines Flugzeuges ermordet. Was die Sache noch um einiges pikanter macht ist, dass sie bzw. er der Sohn eines Kongressabgeordneten ist, welcher in Kürze gewählt werden will. Die Verbindung zueinander wurde im gemeinsamen Einverständnis verheimlicht, um einer politischen Karriere nicht im Weg zu stehen. Genau dies droht nun allerdings im ungünstigsten Zeitpunkt aufzufliegen. Deshalb wurden Smoky und ihr Team dem Fall unter größter Wahrung dieses Geheimnisses hinzugezogen.

Dabei bleibt es allerdings nicht. Nicht nur, dass sich keine verwertbaren Spuren finden lassen, viel mehr scheint Lisa nicht das erste Opfer gewesen zu sein. Kurz danach erwischt es schon die Nächste und der Killer stellt reihenweise Videos von den letzten Sekunden der immer weiblichen Opfer ins Netz. Er hat es sich auf die Fahne geschrieben die dunklen Geheimnisse welche allen verschwiegen wurden ans Licht zu bringen, bevor er den Tötungsakt einleitet und seine Opfer somit in seiner verquerten Weltanschauung zu erlösen. Damit spielt er ein offenes Katz und Maus Spiel mit den Ermittlern, da er irgendwie entdeckt werden will um seine Botschaft, der vollkommenen Beichte, der Menschheit endgültig zu verkünden. Somit wird das ganze ein stetiger Wettlauf mit der Zeit.

Und hier finde ich einige Punkte an dem ansonsten 1A Thriller kritisch. Der Autor spielt gezielt mit dem „Jeder hat ein Geheimnis“ Thema und lässt fast alle Charaktere des Ermittlerteams im Verlauf mehr oder weniger diese Unterprüfung durchlaufen. Vor allem die kursiv gedruckten Gedankengänge und Gewissensbisse von Smoky find ich in ihrer Sprache und Aussage oft leicht moralisch aufdringlich.

Nicht dass sie direkt den Leser ansprechen und belehren würden, aber diese Zwiegespräche und Selbstzweifel haben in meinen Augen etwas zu sehr vereinnahmendes.
Kombiniert mit der obig erwähnten Ausrichtung auf genau diese dunklen Geheimnisse klingt das für mich zu gewollt.



Wenn man jetzt noch das Manko des zwar sympathischen, aber irgendwie auch (zu) giftigen Teams sich selbst gegenüber und die urplötzliche Herleitung zur Lösung des Falles, welches ich aus diesem Blickwinkel nicht nachvollziehen kann, wohlwollend übersieht, dann hat man hier tatsächlich ein sehr gutes Buch mit viel Spannungspotential.

D.h. konkret: ein wirklich tolles Buch, welches mir leider nicht rund genug ist, da es teilweise zu gewollt und gezielt ist. Abgesehen von diesen bedauerlichen Feinheiten kann man, sofern nicht zu zartbesaitet – gerne und gut zugreifen.

Donnerstag, 23. Februar 2012

Josh Bazell - Schneller als der Tod


Es mutet ungemein selbstbewusst und von sich selbst überzeugt an, wenn man auf der Rückseite eines Buches kein Wort über den Inhalt verliert sondern nur fleißig Lobhuldigungen aus allen möglichen Zeitungen zitiert und schon auf dem Cover den eingeheimsten Preis vorführt.
Aber was Josh Bazell hier mit „Schneller als der Tod“ auf die Beine gestellt hat, gibt auch das vollkommene Recht dies zu tun.

Zwar findet sich auf fast jedem drittklassigen Buch irgendein lobendes Wort, aber hier trifft auch jedes davon voll und ganz zu! Der beste Thriller den ich seit sehr, sehr langer Zeit gelesen habe, aber fangen wir von vorne an.

Protagonist ist Dr. Peter Brown, so ziemlich der einzige, fähige Arzt in einem chaotischen Krankenhaus in Manhattan. Allerdings heißt er eigentlich Pietro Brnwa und nicht Peter Brown und war unter dem Namen „Bärentatze“ bekannt und gefürchtet als ein höchst effektiver Mafiakiller.
Seine Doktorarbeit ist nur seine neue Identität, aber diese soll nicht lange geheim bleiben.

Gleich auf den ersten vier Seiten wird er von einem x-beliebigen Räuber überfallen, welchen er fachgerecht und anatomisch korrekt außer Gefecht setzt und zur Vorsorge gleich die notwendigsten Notaufnahmemaßnahmen ergreift.

Und diese ersten vier Seiten geben auch schon den Ton an und zeigen was man erwartet. Eine sehr direkte, ungeschönte Sprache, gepaart mit fachlicher Kompetenz und detaillierten Schilderungen welche Knochen und Sehnen wo verlaufen, brechen, schmerzen und kaputt gehen – verbunden mit knallharter und rasanter Action.
Auch bei Kampftechniken, Schusswaffen, Krankheiten, Operationen – Josh Bazell kennt sich aus, scheint gründlich recherchiert zu haben so dass der Eindruck entsteht, als wisse er über was er schreibt.

Ein paar Dialoge weiter wird er von einem alten Bekannten auch schon als die Bärentatze entlarvt und hat damit ein dickes Problem. Denn die Mafia hat noch ein Hünchen mit ihm zu rupfen und schickt schon die Killerkommandos los. Gleichzeitig warten die verschiedensten Patienten dringend auf Hilfe, welcher die überarbeitenden und nur noch Dank Aufputschmitteln arbeitsfähigen Ärzte mühevoll aufbringen. Und die kann er, als der einzige Arzt mit Durchblick nicht ihren Schicksal überlassen.
Das Gesundheitssystem der USA erfährt so, wie auch vieles andere unterschwellig wie auch offensichtlich eine volle Breitseite Kritik.

Es ist ein irrsinniger Wettlauf, welcher mit einem rabenschwarzen und trockenen Humor getragen wird, welcher kaum zu beschreiben ist. So komme ich nicht umhin eine kleine Passage zu zitieren:
„Himmel“, sagt er. „Soviel ich weiß, hab ich sowieso Krebs.“
„Den hast du.“
„Was heißt das?“
„Ich hab gerade deinen Biopsiebefund gelesen.“
„Himmel! Krebs! Ist es schlimm?“
„Nein, fabelhaft. Deswegen will doch jeder Krebs haben.“

Das wirkt aus dem Kontext gezogen bestimmt nicht so gut, aber das Buch ist voll mit dieser Art des Humors und ironischen, sarkastischen Kommentaren.

Parallel wird dazu auch noch erzählt, wie es zu dem kam, wie es jetzt eben ist. Pietro wuchs bei seinen Großeltern auf, welche ermordet wurden als er gerade mal 14 Jahre alt war. Sein damals bester Freund war der Sohn eines Mafiapaten, welcher sie seiner an nahmen und ihm die Möglichkeit zur Rache boten. Und so beginnt sich das Rad zu drehen.

Das Buch ist ultrarasant, hochspannend, witzig, überraschend, sarkastisch, rundum gelungen und wartet mit einem derart überdrehten, geilen Ende auf, dass man sich seinen Tarentino in dem eh schon bildgewaltigen Thriller direkt ins Wohnzimmer holt.

Richtig, richtig abgefahren und wer jetzt auch nur ansatzweise neugierig geworden ist, sollte sich das Buch sofort zulegen! Denn dann kann ich eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen. Ich will auf jeden Fall mehr davon!

Freitag, 6. Januar 2012

Nicci French – Bis zum bitteren Ende


Nicht nur der Fall an sich ist es, welcher bei „Bis zum bitteren Ende“ von Nicci French zu überzeugen weiß, es ist auch die interessante Mischung der Protagonisten und ihr psychologisches Zusammenspiel, was diesen Thriller ausmacht.

Wir befinden uns in London und sehen die Handlung aus den Augen von Astrid, einem Fahrradkurier welche das zweifelhafte Glück hat, innerhalb kürzester Zeit unmittelbar über zwei Leichen zu stolpern. Astrid lebt zusammen mit 5 Freunden in einer WG und die Dynamik innerhalb dieser WG ist der Dreh- und Angelpunkt des ganzen Romans.
 
Da wäre zum einem Miles, dem Hausbesitzer und gleichzeitig ihrem Ex-Freund, welcher mit seiner neuen, giftspritzenden Freundin Leah in das Haus einziehen und die WG notgedrungen auflösen will oder dazu gedrängt wird dies zu wollen. Aber auch undurchsichtige Charaktere wie Owen oder Mick, die durchgedrehte Pippa, den netten Davy und den sich mehr oder weniger durchschnorrenden Dario.

Die Charaktere streiten sich, sind verschiedener Meinung, reiben sich aneinander auf – aber irgendwie hat man Anfangs noch ein ziemlich heimeliges, wohliges Gefühl.
Spätestens als Leah aber vermehrt auftaucht und die ganze WG aufgrund der Leichenfunde unter Verdacht gerät, ändert sich dies aber zunehmend. Plötzlich redet man hintereinander, Gerüchte werden gestreut und als sich das ganze scheinbar auflöst, kommt zack – ein Wechsel.

Alles was bisher passierte wird jetzt aus der Sicht des Täters erzählt, die ganzen vorherigen, noch harmonischen Szenen bekommen einen herben Beigeschmack und wie auch der Leser es nicht ahnte, sieht man, das niemand der Hausbewohner den wahren Täter für den Täter hält.
Dieser Schnitt ist in gewisser Weise sehr gut gelungen und ein wirklich überraschendes Stilmittel.

Der wesentliche Blick für das Zwischenmenschliche und die gruppendynamische Entwicklung, sowie auch eben jener kühne Umschwung, trösten mit Bravur über das doch sehr rasche Ende und kleinen Schönheitsfehler hinweg.

Den großen, nervenzereisenden Thriller darf man hier nicht erwarten, dafür erhält man aber auch einen trotzdem noch spannenden Roman mit starken Charakteren. Insgesamt eine gute Leseempfehlung.