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oder verpass das Schönste.
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Sonntag, 16. September 2012

Heinrich Steinfest - Cheng (Sein erster Fall)



Ungewohnt anders rum fing hierbei die Vorgeschichte, sprich meine Kaufentscheidung für das Buch an. Ganz im Gegensatz zu sonst üblichen Fällen empfahl nicht ich einem Kunden einen Titel, sondern ein Kunde machte mir Steinfest im Allgemeinen schmackhaft.

Der würde ganz anders schreiben, hätte ausgefallene Ideen, unübliche Szenarien und wäre darüber hinaus auch noch sehr unterhaltsam und lustig. Als ich dann beim Durchblättern in der Wühlkiste Heinrich Steinfest las, angelte ich mir sofort den Titel „Cheng“, welcher noch den Zusatz „Sein erster Fall“ trägt.

Dem glaub ich soweit auch, allerdings ist der Anhang mehr als nur irreführend. Dort wird nämlich recht informativ von den Anfängen des Charakters ‚Cheng’ berichtet. So fing er als unwirkliche Comicfigur an, bis er 2003 mit dem Titel „Ein sturer Hund“ den Sprung ins Buch schaffte. In der Verlagsvorschau ist hierbei allerdings von Fall zwei die Rede. Es folgt „Ein dickes Fell“ – in der Vorschau als Fall drei erwähnt und dann wird chronologisch wie folgt fort gefahren:


Somit ist es nur konsequent, daß Markus Cheng in der Wiener Hauptbücherei auf ein Buch stößt, daß den Titel Cheng trägt (das Buch dieser Seiten).


Was?!! Das klingt so nach Band vier (Vorschau) oder Band drei (Titelaufzählung) oder – mögliche Erklärung folgt im letzten Absatz. „Bei dieser Wiederauflage handelt es sich um…“ – sprich es muss einen sinngemäß, gleichen Titel zuvor schon gegeben haben, ist somit also wohl Band 4 und doch Band 1 zugleich. Bitte klarer ausdrücken oder Lektor mal wieder bezahlen!

Und in dieser sanften Schärfe steigen wir auch gleich ein:

Cheng ist ein recht erfolgloser und abgewrackter Privatdetektiv und wenn er nicht gerade Ehebrechern hinterher spioniert, arbeitslos ist oder chronisch ob seines Aussehens und Namens für einen Chinesen gehalten wird, was angesichts seiner österreichischen Staatsbürgerschaft für ihn ärgerlich, für den Leser aber ein never-ending Running-Gag ist, nimmt er genau die falschen Aufträge an.

Ranulph Field fühlt sich verfolgt und bedroht und wendet sich an Cheng, trotzdem ist er schon nach wenigen Seiten mit einer merkwürdigen Botschaft in seiner Wohnung tot. Und damit zieht es Cheng, ob gewollt oder nicht gewollt, mit in den ganzen Schlamassel.

Wirklich besonders ist hierbei in der Tat der Schreibstil Steinfests. Dieser liest sich nämlich weniger denn einem klassischen Krimi, sondern mehr wie äußerst bösartige und zynische Kolumnen in mutigen und provokanten Satirezeitschriften. In der Regel geht es nämlich weit darüber hinaus, was in der normalen Tageszeitung auch nur abgedruckt werden könnte.

Die Sicht des Erzählers ist dabei in extremster weise auktorial, sprich er stellt kurze und knappe Tatsachen in gewohnt fieser Natur weit in die Zukunft hinaus klar und berichtet das ein oder andere Male sehr ungerührt und direkt über unnatürlich verkürzte Lebenserwartungen und Schicksalsschläge diverser Randfiguren. Dabei maßt er sich auch an, die Sinnhaftigkeit verschiedener Handlungen spöttisch zu beurteilen und ist generell das Maß aller Dinge.


Herzlos ist der Autor ebenso noch, denn so stilisiert er Cheng zum ultimativen Antihelden, indem er ihm einen unglücklichen Zufall nach dem anderen um die Ohren knallt und zunehmend verkrüppelt.
Das funktioniert auf eine erfrischende Art und Weise erstaunlich lang, aber irgendwann ist der Punkt erreicht wo ich mir denke.

Wie kann man Wien, Österreich, die Menschheit nur so dermaßen hassen?
Spätestens wenn über die elitäre Wiener Kunstgesellschaft hergezogen wird steige ich aus, weil mir diverse tagespolitische Spitzen vollkommen fremd sind.

Es ist leider auf lange Sicht nur zu anstrengend, das Thema zu sehr ausgereizt. Die Boshaftigkeit wirkt nicht mehr befreiend, sondern zwanghaft und aufgesetzt. Dass einem das Lachen vergeht, ist sicherlich ein durchaus gewolltes Ziel eines kritischen Kabarettisten, aber sicher nicht in der Form, als dass es nicht durch Inhalte, sondern durch Überreizung der eigenen Stilmittel und somit Stärken hervortritt.

Nüchtern betrachtet hat der Fall seine Höhen, zählt aber sich nicht zu den Besten. Die Besonderheit ist die Schreibweise und genau diese kann Steinfest auch gekonnt nutzen. Es ist nur leider zu viel, beziehungsweise je nach persönlichem Geschmack zumindest an derselben Grenze.

Das Buch macht Spaß, ist kurzweilige Unterhaltung – vielleicht sogar eine gesonderte Erwähnung wert, weil es eben doch dieses Innovationspotential mit sich herumträgt, aber es ist leider nicht nur Gold was glänzt. In der Regel sind es übertrieben stark geschliffene und gewetzte Klingen.

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