Ein Science Fiction Roman, darauf hatte ich mich ehrlich
gesagt total gefreut, immerhin war ich schon in der Grundschule ein großer Fan
von „Star Trek“. Dieser Name fällt unter anderem auch auf dem Klapptext,
zusammen mit „Star Wars“ und „Der Wüstenplanet“. Leichte Einflüsse davon kann
man eventuell finden, insgesamt hat es Tobias
S. Buckell aber mit „Chilo“
geschafft ein sehr gewaltiges und autarkes Universum zu erschaffen.
So immens gewaltig mag es unter anderem deshalb erscheinen,
da die Welt von zig verschiedenen Menschenstämmen, Mischwesen und Aliens
besiedelt ist, die alle wie eine gewaltige Flut anfangs über den Leser zusammen
schwappen. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass es von dem Autor schon zwei
Bücher zuvor gab, welche alle irgendwie und irgendwo in diesem Universum
handeln, wenngleich zeitlich verschoben.
Das wurde zwar nicht wirklich auf dem ersten Blick
ersichtlich, aber ich will Gnade walten lassen und sehe daher großzügig darüber
hinweg, dass mir fremde Begriffe nur so um die Ohren flogen. Denn insgesamt ist
der Roman schon in sich geschlossen und stimmig und am allerwichtigstem:
innovativ!
Daher ein hoffentlich sanft genuger Einstieg in die Materie:
Die Handlung dreht sich primär um Timas, wohnhaft in Yatapek
– einer schwebenden Stadt oberhalb der Erdoberfläche des unwirtlichen
Heimatplaneten Chilo. Dieser hat eine so heiße und giftige Erdoberfläche, dass
ein Leben dort nicht möglich ist. Blöderweise befinden sich die Rohstoffe aber
genau dort und die Geräte für die Bergung (Cuatetl genannt) gehen altersbedingt
immer öfters kaputt. Dummerweise ist Yatapek eine zu arme Stadt, als dass
sie sich moderne Maschinen leisten könnte. Ausgeholfen wird mit Hilfe der
angesehenen Xocoyotzin, zu denen auch Timas gehört. Hinter diesem kompliziertem
Namen verbirgt sich allerdings nichts anderes als die Tatsache, dass damit magere
und nicht ganz ausgewachsene Jungs gemeint sind. Denn nur diese passen in die
veralterten Druckanzüge, welche ein kurzfristiges Überleben an der
Erdoberfläche möglich werden lassen um die Schäden unter Lebensgefahr zu
reparieren. Da die Familien von Xocoyotzins ebenfalls sehr angesehen sind und
auf den oberen, sauberen Ebenen der fliegenden Stadt leben dürfen, übergibt
sich Timas auch regelmäßig nach jeder kurzen Mahlzeit. Nur so kann er
gewährleisten, noch länger in den Anzug zu passen. Für neue Anzüge fehlt eben
das Geld und vor allem Timas Vater nutzt diese Sonderstellung seiner Familie
schamlos aus um seinen Einfluss zu sichern oder zu erweitern.
Die Bewohner der Stadt beten die alten Götter an und es ist
verboten an Aliens oder dergleichen zu glauben. Immerhin wurden ihre Vorfahren
von den Satrapen jahrelang unterjocht. Gefährlicher außerirdische Wesen, welche
in einem Krieg irgendwann in der Vorzeit von der Menschheit ausgerottet wurden.
Diese hatte sich insgesamt im gesamten Universum verstreut und
bildet ebenfalls verschiedene Machtblöcke. Da wären die Bewohner Chilos und die
außerhalb umher fliegenden Städte und Raumschiffe. Bemerkenswert und im
weiteren Verlauf wichtig sind dabei die Äolier. Dies sind hochentwickelte
Menschen welche auf einem überlegenen technischen Stand sind und mitunter mit
der Technik verschmelzen und über sogenannte Avatare permanent Volksentscheide
durchführen.
Die Streuner sind ein loser, militärisch starker und
neutraler Verbund von Schmugglern, Piraten und das Zünglein an der Waage
zwischen vorrangig beschriebenen Gruppierungen und „Der Liga“, einem nicht
näher beschriebenem Mächteverbündnis, welches gerne alle Völker und Städte in
sich integrieren möchte. Diese Idee stößt allerdings auf nicht viel Gegenliebe.
Und als wäre das nicht schon kompliziert genug, stürzt eines
Tages der Mungo Mann Pepper mit einem notdürftigen Fallschirm über Yatapek ab.
Denn was der gesuchte Auftragskiller zu berichten weiß ist alles andere als
schön. Ein Virus, welcher sich „Der Schwarm“ nennt treibt sein Unwesen und
befällt eine Region nach der anderen. Ob die Liga dahinter steckt? Keine
Ahnung, auf jeden Fall geht einer Stadt nach der anderen das Licht aus und es
rollt etwas äußerst bedrohliches heran. Sci-Fi Zombies? Geil!
Fehlt noch der offizielle Avatar der Äolier, Katerina und
wir hätten so langsam mal den groben Rahmen eingedeckt. Denn wenn man von dem
etwas trägen Anfang absieht, drückt der Autor dann ganz schön ordentlich auf
das Tempo und hämmert ein imposantes Kopfkino in die Gehirnwindungen.
Pepper ist der übercoole, nur sich selbst wichtige und
nahezu unbezwingbare Antiheld, Timas der anfangs unsichere, ängstliche aber am
stärksten wachsender Charaktere auf dessen Schultern die Verantwortung
gegenüber der ganzen Stadt lastet und Katerina die undurchschaubare
Repräsentation bei der man nie wissen kann, was gerade in ihr abgestimmt wird.
Zombieaction und Planetenoberflächenhorror, Luftkämpfe und
Weltraumgeballer, hier ist wirklich so gut wie alles vorhanden und die
Endschlacht ist so was von pompös und bombastisch, einfach saustark!
Es gibt noch etliche Details und gut eine handvoll anderer
Spezies und Namen, deren Bedeutung im Verlauf kommen wird, primär aber hier an
dieser Stelle nicht wichtig ist.
Ein irre gutes Buch, dessen größte Stärke auch sein größtes
Manko ist. Diese geniale Komplexität wirkt, einfach so ins kalte Wasser
geworfen anfangs leider fast schon überfrachtet und ist anstrengend. Ich kann
mir auch gut vorstellen, dass viele mit diesem Buch absolut nichts anfangen
können – ich fand es aber auf jeden Fall sehr gelungen und es hat mir viel Spaß
gemacht, mich darin zu verlieren. Weil es eben doch mal auch etwas anderes ist…
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