Die
Besonderheiten des vorliegenden Thrillers fasst Simon Beckett selbst am Besten
in seinem Vorwort zusammen. Das könnte man als übertriebenes Eigenlob abtun,
oder aber als kritische und realistische Selbsteinschätzung, denn ganz
unberechtigt ist dies nicht.
Hauptperson
ist Nigel, welcher gleichzeitig auch noch als Ich-Erzähler fungiert. Das ist
insofern wichtig, da somit eine intensive Nähe zum Protagonisten geschaffen
wird, was mindestens zwei konträr zueinander stehende Empfindungen auslöst.
Zum
einem kann Nigel einem sehr leid tun. Nigel scheint geistig ein wenig
zurückgeblieben. Nicht direkt dumm aber mit einer Forest Gump typischen
Naivität ausgestattet und sehr primitiven und simplen Ansprüchen. Nach dem Tod
seiner Eltern lebt er alleine in deren ehemaligen Pup und alles was er braucht
sind seine Comics und ein regelmäßiger und ausgedehnter Filmkonsum. Das seine
bevorzugten Filme nicht unbedingt seinem Alter entsprechen stört ihn nicht. Der
Filmverleiher nimmt ihn deswegen durchaus auf die Schippe, aber Nigel reagiert
gelassen. Er hat eine Arbeit auf der er regelmäßig Blätter und Akten kopieren
darf und zwei nette Kolleginnen. Ihnen gegenüber verhält er sich zwar sehr
schüchtern und wie ein tollpatschiger Teenager und er kann es auch nicht ab,
wenn Karen mit ihm aus Spaß flirtet, aber Cheryl findet er ganz okay. Wenn es
nicht gerade dunkel ist und er nachts allein auf der Straße unterwegs ist, ein
Zustand der ihn etwas ängstigt, kann nichts seine immer gute Laune
beeinflussen.
Auf
der anderen Seite hat Nigel aber ein dunkles Geheimnis, denn er hält sich „Tiere“
im Keller. Warum kann er nicht genau sagen oder reflektieren, aber er hält sie
für menschlichen Abschaum. Dementsprechend lockt er immer mal wieder, am Rande
der Gesellschaft stehende Menschen aus fadenscheinigen Gründen zu sich um sie
zu betäuben und in den Keller zu sperren. Mit Hundefutter und Katzenstreu
kümmert er sich jeden Tag fürsorglich um sie, auch wenn diese am liebsten ganz
woanders wären. Aber davon weiß niemand etwas, ahnt es nicht einmal.
Verwunderung? Abscheu? Hass? Alles möglich.
Der
Erzählstrang plätschert recht ruhig vor sich hin, immer wieder unterbrochen von
Erinnerungen Nigels an seine Kindheit, seine Eltern und dem Pup. Es ist im
Großen und Ganzen eine durchaus tragische, mitleiderregende Geschichte – welche
gekonnt flankiert wird von den Erinnerungen an seine ersten Tiere. Daher der
eingangs erwähnte Ich-Erzähler. Er verrät viel über sich, aber doch nicht
alles. Man kann ihn verstehen, aber nicht endgültig begreifen.
Würze
bekommt das Ganze, als ihm sein letzter Fang nicht gehorchen will und Karen und
Cheryl ihn in seinem Pup besuchen wollen. Es ist schwer hier meine Kritik zu
äußern ohne noch viel mehr vom Inhalt zu verraten. Als einziger Hinweis soll
ein klitzekleines Fragezeichen hinter der Intention bestimmter Personen stehen.
Die
Schlussszene hat auf jeden Fall Klasse und unterstreicht den unnahbaren
Charakter Nigels perfekt. Die voran gegangene Entwicklung sehe ich kritisch,
wirkt sie mir gegen Ende hin zu dominant. Die Rollen von Cheryl und Karen sind
ebenfalls nicht ganz durchsichtig. Aus der Sicht Nigels nach zu vollziehen,
objektiv betrachtet aber ein klein wenig fragwürdig. Nicht unauthentisch, aber
falsch und doch nicht konsequent.
Ich
kann noch mehr rumeiern, würde aber schlussendlich alles verraten. Der
gegenwärtige Plot ist nicht zu lange gestrickt, es wird viel über die
Retroperspektive erzählt und ausgeleuchtet. Der Erzählstil ist daher nicht
schleppend, aber gemächlich. Es wird ein komplexer Charakter erbaut ohne ihn zu
enträtseln.
Das
Thema Spannung ist ein zweischneidiges Schwert. Es ist ohne Zweifel ein
Page-Turner, aber eben nicht durch rasende Action generiert. Stellenweise ist
nichts zwingend, dennoch notwendig. Ich fand es ehrlich gesagt innovativ, von
der Aufmachung her gut. Nicht perfekt, aber gut gelungen.
Mein
Problem dürfte die Identifikation mit Nigel sein, welche bewusst nicht einfach
und idealerweise nie vollständig ist. Man kann vieles nachvollziehen, aber gut
heißen und verstehen muss man es nicht. Damit ist einer der wenigen wunden
Punkte gleichzeitig die Stärke des Buches. Es muss irgendwie genau so sein und
das kann ganz schön interessant sein…
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Und was ich vorhin schon per Handy hier drunter schreiben wollte (wie man sieht, hat es nicht funktioniert): Auch wenn du eigentlich jede Menge an diesem Buch zu kritisieren hattest, will ich es wirklich gerne lesen! :) Ich habe momentan noch eine Menge hier rumliegen, aber es wandert definitiv auf meine Wunschliste!