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Sonntag, 10. März 2013

Simon Beckett – Tiere



Die Besonderheiten des vorliegenden Thrillers fasst Simon Beckett selbst am Besten in seinem Vorwort zusammen. Das könnte man als übertriebenes Eigenlob abtun, oder aber als kritische und realistische Selbsteinschätzung, denn ganz unberechtigt ist dies nicht.

Hauptperson ist Nigel, welcher gleichzeitig auch noch als Ich-Erzähler fungiert. Das ist insofern wichtig, da somit eine intensive Nähe zum Protagonisten geschaffen wird, was mindestens zwei konträr zueinander stehende Empfindungen auslöst.

Zum einem kann Nigel einem sehr leid tun. Nigel scheint geistig ein wenig zurückgeblieben. Nicht direkt dumm aber mit einer Forest Gump typischen Naivität ausgestattet und sehr primitiven und simplen Ansprüchen. Nach dem Tod seiner Eltern lebt er alleine in deren ehemaligen Pup und alles was er braucht sind seine Comics und ein regelmäßiger und ausgedehnter Filmkonsum. Das seine bevorzugten Filme nicht unbedingt seinem Alter entsprechen stört ihn nicht. Der Filmverleiher nimmt ihn deswegen durchaus auf die Schippe, aber Nigel reagiert gelassen. Er hat eine Arbeit auf der er regelmäßig Blätter und Akten kopieren darf und zwei nette Kolleginnen. Ihnen gegenüber verhält er sich zwar sehr schüchtern und wie ein tollpatschiger Teenager und er kann es auch nicht ab, wenn Karen mit ihm aus Spaß flirtet, aber Cheryl findet er ganz okay. Wenn es nicht gerade dunkel ist und er nachts allein auf der Straße unterwegs ist, ein Zustand der ihn etwas ängstigt, kann nichts seine immer gute Laune beeinflussen.

Auf der anderen Seite hat Nigel aber ein dunkles Geheimnis, denn er hält sich „Tiere“ im Keller. Warum kann er nicht genau sagen oder reflektieren, aber er hält sie für menschlichen Abschaum. Dementsprechend lockt er immer mal wieder, am Rande der Gesellschaft stehende Menschen aus fadenscheinigen Gründen zu sich um sie zu betäuben und in den Keller zu sperren. Mit Hundefutter und Katzenstreu kümmert er sich jeden Tag fürsorglich um sie, auch wenn diese am liebsten ganz woanders wären. Aber davon weiß niemand etwas, ahnt es nicht einmal. Verwunderung? Abscheu? Hass? Alles möglich.

Der Erzählstrang plätschert recht ruhig vor sich hin, immer wieder unterbrochen von Erinnerungen Nigels an seine Kindheit, seine Eltern und dem Pup. Es ist im Großen und Ganzen eine durchaus tragische, mitleiderregende Geschichte – welche gekonnt flankiert wird von den Erinnerungen an seine ersten Tiere. Daher der eingangs erwähnte Ich-Erzähler. Er verrät viel über sich, aber doch nicht alles. Man kann ihn verstehen, aber nicht endgültig begreifen.

Würze bekommt das Ganze, als ihm sein letzter Fang nicht gehorchen will und Karen und Cheryl ihn in seinem Pup besuchen wollen. Es ist schwer hier meine Kritik zu äußern ohne noch viel mehr vom Inhalt zu verraten. Als einziger Hinweis soll ein klitzekleines Fragezeichen hinter der Intention bestimmter Personen stehen.

Die Schlussszene hat auf jeden Fall Klasse und unterstreicht den unnahbaren Charakter Nigels perfekt. Die voran gegangene Entwicklung sehe ich kritisch, wirkt sie mir gegen Ende hin zu dominant. Die Rollen von Cheryl und Karen sind ebenfalls nicht ganz durchsichtig. Aus der Sicht Nigels nach zu vollziehen, objektiv betrachtet aber ein klein wenig fragwürdig. Nicht unauthentisch, aber falsch und doch nicht konsequent.

Ich kann noch mehr rumeiern, würde aber schlussendlich alles verraten. Der gegenwärtige Plot ist nicht zu lange gestrickt, es wird viel über die Retroperspektive erzählt und ausgeleuchtet. Der Erzählstil ist daher nicht schleppend, aber gemächlich. Es wird ein komplexer Charakter erbaut ohne ihn zu enträtseln.

Das Thema Spannung ist ein zweischneidiges Schwert. Es ist ohne Zweifel ein Page-Turner, aber eben nicht durch rasende Action generiert. Stellenweise ist nichts zwingend, dennoch notwendig. Ich fand es ehrlich gesagt innovativ, von der Aufmachung her gut. Nicht perfekt, aber gut gelungen.

Mein Problem dürfte die Identifikation mit Nigel sein, welche bewusst nicht einfach und idealerweise nie vollständig ist. Man kann vieles nachvollziehen, aber gut heißen und verstehen muss man es nicht. Damit ist einer der wenigen wunden Punkte gleichzeitig die Stärke des Buches. Es muss irgendwie genau so sein und das kann ganz schön interessant sein…

1 Kommentar:

  1. Halli Hallo,
    ich habe dich für einen Blogaward nominiert.
    Falls du jemand bist, der gerne an sowas teilnimmt, schau doch auf meinem Blog vorbei, dort gibt's alles weitere!
    Sollte dich sowas nerven oder Ähnliches, einfach geschmeichelt fühlen und ignorieren!
    Liebe Grüße
    http://soundofclosingdoors.blogspot.de/

    Und was ich vorhin schon per Handy hier drunter schreiben wollte (wie man sieht, hat es nicht funktioniert): Auch wenn du eigentlich jede Menge an diesem Buch zu kritisieren hattest, will ich es wirklich gerne lesen! :) Ich habe momentan noch eine Menge hier rumliegen, aber es wandert definitiv auf meine Wunschliste!

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