Folgendes
Taschenbuch, welches vom Fischer Verlag heraus gegeben wurde, konnte ich an der
Frankfurter Buchmesse kostenlos erhalten. Dem möchte ich gleich auch die
einzige Kritik voranstellen, welche zumindest was die Erwartungshaltung
betrifft unpassend, wenngleich positiv überraschend ist:
Das
Cover, der Titel sowie Klapp- und Seitentext suggerieren – ohne einen Blick auf
die schreibenden Autoren zu werfen – ein seichtes, fröhliches Jugendbuch rund
um die Liebe. Das kann zum Einem anziehend, allerdings auch abschreckend
wirken, auf eine milde belächelnde Art und Weise. Tatsächlich verkauft sich
dieses Buch eindeutig unter Wert.
Ganze
17 Kurzgeschichten von Weltklasseautoren sind hier versammelt, von Robert Walser
über Herman Hesse und Marie Luise Kaschnitz, Cesare Pavese, Max Frisch bis zu
Judith Herman, Clemens Meyer, William Trevor und Ingeborg Bachmann und Paul
Celan. Um vollkommen willkürlich ein paar der versammelten Namen zu nennen.
Es
würde wenig Sinn machen, hier inhaltlich auf die Texte einzugehen – verstecken
braucht sich aber ausnahmslos keiner. Und das ist auch schon das größte Lob,
welches ich dem Herausgeber geben kann. Die Zusammenstellung ist grandios und
stark! Es gibt absolut keinen Ausfall. Einzig mit dem Briefwechsel zwischen
Bachmann und Celan tat ich mir anfangs schwer, welcher allerdings – wenn man
sich auf die Art der Schreibweise einlässt und sie als authentisch und gegeben
ansieht, eine surreale Tragik entwickelt die doch zwischen allzu menschlichen
Eigenarten ausgelotet ist.
Ich
fand so gut wie alle Texte ernst, die lächelnde Leichtigkeit der Beschreibung
und des Bildes konnte ich darin nicht finden. Die meisten Geschichten haben in
meinen Augen einen melancholischen Unterton, zarte Naivität und Unbefangenheit
reiht sich nahtlos zwischen schockierenden, verstörenden und nachdenklichen
Sichtweisen.
Dies
darf nicht missverstanden werden, Gewalt ist zwar durchaus vorhanden, aber nie
überstrapaziert sondern wenn, dann wohl platziert – der Thematik ein weiteres
Spektrum entlockend. Nicht romantisch, aber auch nicht unrealistisch was oft
mit meinen eigenen Vorstellungen kollidierte.
In
der Zusammenstellung der vielen Perspektiven, gewinnt das Buch fast schon etwas
philosophisches was die unterschiedliche Definitionen von Liebe angeht. Sehr
vieles konnte ich persönlich nicht mit meinem Weltbild vereinbaren, was diesen
verstörenden Effekt für mich erklärt. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt viel Zeit
um über die Geschichten nachzudenken und zu reflektieren, eine Chance die sich
hier sehr gut anbietet und mannigfaltig Möglichkeiten bietet. Ein anderer wird
dieses „verstörende“ so vielleicht als normal empfinden oder anders darüber
nachdenken. Das tolle ist, diese Option besteht bei allen Texten – es wird
nicht per se eine Definition vorgegeben. Man wird teilweise fragmentarisch in
eine Szenerie geworfen oder in eben jener verlassen. Trotzdem bleibt etwas
haften.
Atmosphärisch
war vieles sehr überraschend und trotz der Kürze unglaublich tief. Interessant
fand ich für mich die Frage, ob ich zwischen weiblichen und männlichen Autoren
einen unterschiedlichen Tenor heraus lesen kann. Ich konnte dies nicht, es gibt
hier keine geschlechtlich vordeterminierte Sichtweise. Glücklicherweise?
Enttäuschenderweise? Auch wenn ich nichts anderes erwartet hatte, war ich
dennoch irgendwie überrascht.
Was
mir ebenfalls sehr gefiel war, dass die Texte unbearbeitet waren, sprich nicht
zwingend der heutigen Zeit angepasst was Grammatik, Rechtschreibung und
Schreibstil anbelangt. Es gab schwerere Texte mit eigener Schreibtechnik,
welche allerdings ihre Wirkung gekonnt entfalten konnten und erfrischend anders
waren.
Anfangs
hatte mich das Buch enttäuscht, weil ich eben von einer leichten Lektüre
ausging und dies ist sie definitiv nicht, wenn man vorliegende Geschichten als
Ausgangspunkt für weitreichende Betrachtungen des Themas ansieht.
Im
Nachhinein bin ich aber sehr froh darüber. Ich muss und konnte nicht alles
verstehen und/oder nachvollziehen, aber es war weit mehr als nur Unterhaltung.
Für mich ein starkes Sammelsurium wehmütiger, melancholischer, nostalgischer
und wunderbaren Literatur.
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