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oder verpass das Schönste.
Buch, Bücher, am büchsten - hier gibt's viele bunt durchgewürfelte Buchrezessionen und Empfehlungen, weil es eben mehr als nur ein Zeitvertreib ist.

Donnerstag, 22. August 2013

Yrsa Sigurdardóttir – Geisterfjord



Was mir an dem Buch auf Anhieb gefiel, war das wunderschöne Cover. Diese ausstrahlende Tiefe, die Verlassenheit und das rote Boot, welches doch ins Auge fiel, aber weniger strahlend denn melancholisch verblasst und trotz allem nicht kraftlos. Das mystische Zeichen, welches einem auch im Buch Kapitel für Kapitel folgt, ohne Bedeutung aber zur ansprechenden Zierde, strahlt für mich ebenfalls eine gewisse Faszination aus.

Nun haben gute Bücher aber im Regelfall mehr zu bieten, als nur ein Cover – daher wenden wir uns am Besten gleich zum Inhalt. Was ich sehr gut finde ist, dass gleich am Anfang eine Übersicht aller wichtigen Charaktere aufgelistet ist ohne dass damit irgendetwas gespoilert wird. Denn wer kennt es nicht? Man hatte lange Zeit nicht mehr zu lesen und stolpert hilflos und fragend über x-beliebige Namen welche man verzweifelt versucht zuzuordnen. Man möchte eine Rezession verfassen, welche man zeitlich viel zu lange hat schleifen lassen und zig romanfremde Namen und Handlungsstränge stellen sich einem in den Weg. *g*

Aufgeteilt auf zwei Handlungsstränge wäre das zum einen Freyr, ein Arzt und Psychiater welcher inzwischen getrennt von seiner Frau Sara lebt seit ihr gemeinsamer Sohn Benni spurlos verschwunden ist. Dieser wird nach der rätselhaften Verwüstung eines Kindergartens von der örtlichen Polizei um Hilfe gebeten, bestehend aus der Kriminalkommissarin Dagný und Veigar.
Auf der anderen Seite sind das Katrín und ihr Mann Garðar sowie Líf, Freundin von Katrín und Witwe, nachdem ihr Mann – der beste Freund von Garðar verstarb. Die wirtschaftliche Krise Islands wird in diesem Thriller gut eingefangen und schnell deutlich. Während Katrín wenigstens ein bisschen Geld als Lehrerin verdient, sucht Garðar ständig nach Arbeit. Zu dritt schmieden sie daher die Idee, ein altes, heruntergekommenes Ferienhaus für den Sommer instand zu setzen. Irgendwo in einem ausgestorbenen und verlassenen Dorf, mitten auf einer abgeschiedenen Insel. Zwar ist es just Winter, die Lage sehr abgeschnitten und viel Licht hat man auch nicht unbedingt, aber so – zumindest nach Plan – könnte man alle wichtigen Arbeiten erledigen und im Sommer schon die ersten zahlenden Gäste erwarten.

Was mich an dieser Stelle doch etwas gestört und irritiert hat. Irgendwie bereuen es alle drei sofort bei Ankunft überhaupt erst abgereist zu sein. Vor allem Katrín klammert sich gern im Konjunktiv. Leute ehrlich? Ihr plant so ein Projekt, kauft schon zig Sachen dafür ein und wollt sofort die Segel streichen? Aber sie bleiben dann doch da und vereinbaren mit dem Fährmann den Abholtermin in ein paar Wochen. Von nun an sind sie auf sich allein gestellt.

Es dauert am Anfang ein wenig bis der Plot an Spannung gewinnt, dafür wird dann atmosphärisch eine brutal dichte Szenerie entworfen. Denn irgendwie scheinen die drei nicht alleine auf der Insel zu sein. Jemand ist noch dort und die mysteriösen Vorkommnisse häufen sich.
Auch Freyr kommt erst ewig nicht voran, ein rätselhafter Selbstmord und gespenstische Erscheinungen fesseln aber auch hier und es wird zwangsläufig eine Verbindung zwischen allem klar. Sein verschwundener Sohn und ein vor 30 Jahren vermisstes und totes Kind auf der verlassenen Insel deutet auf mehr als nur einen Zufall hin.

Das ganze ist wunderbar spannend inszeniert und teilweise erstaunlich gruselig und wäre trotz des schleppenden Einstiegs verdammt gut – wäre das Ende nicht so feige, welches manche Logiklöcher mit offenem Ausgang und Gespensterspuk zu kaschieren versucht.

Ich war am Ende ziemlich unschlüssig was ich davon halten sollte, lustigerweise gibt es durchaus auch leichte Parallelen zu Fitzeks „Die Therapie“ welche ich wenige Tage zuvor gelesen und hier auch schon behandelt habe. Nur löst sich das Problem – sofern von richtig lösen überhaupt die Rede sein kann – ein wenig uneleganter.

Enttäuscht bin ich also insofern, da noch so viel mehr hätte möglich sein können. Wenn ich allein daran denke, was für eine cineastische Atmosphäre hier im Mittelteil aus dem Hut gezaubert wird. Das ist irre gut und nutzt das Setting perfekt aus. Nur muss man es erst bis dahin aushalten und sich nicht von den ständigen „Wir-hätten-lieber-doch-nicht“ verkraulen lassen und der Schluss - naja. Ich glaub ich bin da noch immer nicht ganz zu 100% dahinter gestiegen, vielleicht auch deswegen weil manch Detail bewusst ausgespart wird. Mitunter leider auch aus Notwendigkeit. Schade, schade, schade… - zwar immer noch gut aber zu viel handfestes Potential vergeudet.

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