Über
drei Monate habe ich für dieses Buch mit dem interessanten Titel gebraucht, was
Angesichts der Fülle an Zeit welche ich theoretisch hatte nicht unbedingt ein
gutes Zeugnis ist. Ob es schon ein Indiz war, dass auf der Rückseite eben nur Petra und Freundin lobende Worte vergießen und kein renommiertes
literarisches Blatt? In Zeiten der Alles-ist-toll Klappentexte nur mehr eine
vage Vermutung. Aber bleiben wir am besten gleich beim Klappentext, der klingt
immerhin so vielsagend und verheißungsvoll.
„Weihnachten
1975: Im Drogenrausch geschieht ein furchtbarer Mord. Nur einer begeht ihn,
aber die anderen sehen zu. Zwanzig Jahre später sehen sich die Freunde von
damals mit der fast vergessenen Geschichte konfrontiert. Nun droht das
Geheimnis zu ihrer aller Schicksal zu werden, denn eine mysteriöse Frau will
die Vergangenheit nicht ruhen lassen – und bald holt das einstige Grauen auch
die Gegenwart ein.“
Soweit
so gut, das „bald“ möchte ich an dieser Stelle aber noch besonders betonen,
darf gerne schon mit ironischem Unterton gelesen werden! Aber alles zu seiner
Zeit, das Buch fängt mit einer Art Prolog 1975 an, die fünfjährige Florrie und
ihr Zwillingsbruder Miles begleiten ihre Mutter bei Weihnachtseinkäufen und
sind als Engel verkleidet. Das Mädchen, welches diesen Spitznamen hasst ist
sehr wüst und dominant ihrem nur 20 Minuten jüngeren Bruder gegenüber und
schlägt ihn in die Flucht.
Schnitt
– 1995, Paul Dunsay tritt auf und wird von Hal angerufen, Quinn sei wieder frei
– was diesen sehr schockiert. Im nächsten Kapitel taucht dann noch Joni auf und
engagiert den Detektiv Tom. Verwirrt? Ging mir ebenso, die ersten 40 Seiten
hatte ich zweimal gelesen weil ich nach einer kleinen Lesepause absolut keine
Ahnung mehr hatte was jetzt gerade abgeht.
Dem
absolut nicht zuträglich ist die Tatsache, dass ziemlich schnell nicht mehr
gekennzeichnet wird und klar ist, wann die Handlung spielt. 1975 oder 1995? Die
Akteure sind größtenteils nämlich die gleichen. Und die Zeit wechselt nicht
kapitelweise sondern teilweise einfach über einen neuen Absatz ohne irgendein
Indiz oder Anzeichen, was ich als sehr lästig empfunden habe. Wäre es
sinnstiftend, okay – dann lässt sich darüber reden, aber die Wechsel scheinen
mir absolut willkürlich und es dient eben keinem „höheren“ Zweck, nicht zu
wissen in welcher Zeit wir uns mal wieder empfinden. Vor allem wenn der Absatz
nicht mal über eine Seite geht und ich nicht sicher sein kann, ob dann nicht
gleich schon wieder ein Wechsel stattfindet. Halte ich für unnötig kompliziert
und für einfach keinen angenehmen Schreibstil, hat mich sehr genervt!
Die
wichtigsten Personen sind die Freunde Hal, Louise, Paul, Quinn und Margie.
Quinn ist mehr der dominante, intelligente aber auch leicht verrückte Leader,
Louise die ruchlose Schlampe aus hohem Hause welche allein vom
gesellschaftlichen Stand nicht dazugehören sollte, Hal der Organisator der
immer alles irgendwie regelt, Margie eher dauerbekifft und daher sehr passiv
und zurückhaltend und Paul ein leichtgläubiger und naiver Mensch, welcher nicht
unbedingt allein aus menschlichen Gründen so perfekt in die Gruppe passt und so
etwas wie der Hauptheld der Geschichte ist.
1975
ist das Setting dem der Hippies nachempfunden, 1995 haben sich die Wege
größtenteils getrennt. Quinn sitzt wegen dem damaligen Vorfall im Gefängnis,
Hal ist inzwischen steinreich und mit Louise verheiratet, Paul schlägt sich
irgendwie mit Musik durchs Leben und von Margie fehlt jede Spur.
Dazu
kommt 1995 Joni welche die damalige Geschichte unter ungeklärten Beweggründen
aufklären will. Zwischendrin tauchen wieder Rückblicke zu Florrie und Miles auf
und ja, man kann erahnen auf was das hinausläuft. Nur sollten die damaligen
Geschichten unter Verschluss bleiben. Da ist es wenig zu dienlich, dass sich
Joni an Paul wendet und diese durchaus etwas füreinander empfinden. Zwischendrin
wird viel verschleiert, geplant und intrigiert und ach ja…
Der
ominöse Mord? Taucht irgendwann nach 250 Seiten erst auf, wann genau kann ich
jetzt schon gar nicht mehr sagen – lässt aber lange auf sich warten. Dass ist das
nächste Problem. Die Geschichte bleibt kaum haften, weil sie nicht wirklich
interessant erzählt wird oder gestaltet ist. Da reißt auch eine leicht
aufkeimende Stimmung gegen Ende nichts mehr raus. Zäh ist wahrscheinlich noch
leicht untertrieben. Es ist ermüdend und sehr schleppend. Daher ist es auch
hinfällig hier mehr vom Inhalt zu erzählen, diesen mühsamen Kampf muss man sich
hier leider schon selbst zumuten, will man nicht die Hälfte schon kennen.
Hat
mir auf jeden Fall nicht wirklich Spaß gemacht und ich musste mich echt
durchzwingen unter dem Credo „Ich lese JEDES Buch fertig“ (Anm. – fast, das ein
oder andere Buch habe ich durchaus schon abgebrochen u.a. „Kohlhaas“ von
Kleist, die „Die Bücherdiebin“ von Zusak etc. pp.)
Denn irgendwie schafft es das Buch kaum zu fesseln und wenn, dann nur ein paar
wenige Seiten. Es ist sprachlich nicht wirklich schlecht, aber erzähltechnisch
viel zu belanglos und eben viel zu zäh. Ich mag keine Bücher in denen kaum
Fortschritte passieren, bzw. sie eigentlich nicht wesentlich sind während man
auf das groß angekündigte Ding wartet.
Was
das komische und durchaus nervige da plötzlich eingeschobene „drei Quarks für Muster Mark“ und „rassenfrassenrassenfrassenrassenfrassenrassenfrassen“
dauernd soll weiß ich bis heute nicht. Ersteres könnte ich noch mit Phantasie
der Physik zuordnen, was im Kontext Sinn ergeben würde – der Geschichte hilft
es aber null. Das Finale bis zur Verhaftung ist schön durchdacht, die Bilder
gegen Ende sind überraschend klar und wehmütig, aber das war es auch schon. Für
den Rest kann ich leider kaum eine Leseempfehlung aussprechen. Schade.
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